Frank Burchetts Zeit in Sierra Leone geht allmählich zu Ende. Er hat eine Foundation gegründet, die seine begonnenen Hilfsprojekte weiterführen wird, wenn der Bau des Highways beendet ist. Was 10 Nähmaschinen damit zu tun haben.
Stralsund
Als verantwortlicher Projektingenieur ist Frank Burchett für Inros Lackner SE, einem weltweit agierenden deutschen Ingenieurbüro, in Sierra Leone im Einsatz. Der Chef eines internationalen Teams von Ingenieuren ist zuständig für den Bau eines über 100 Kilometer langen Abschnitts des afrikanischen Westküsten-Highways. Doch der Stralsunder hat seit 2019 auch abseits des von der Europäische Union finanzierten Infrastrukturprojekts mit ganz persönlichen Hilfsprojekten auf sich aufmerksam gemacht.
Hilfe zur Selbsthilfe
Es war der Widerspruch aus wunderschöner Natur, glücklichen Menschen und totaler Armut, den Burchett in Sierra Leone erlebte und der ihn dazu bewogen hatte, mit eigenen Mitteln und Spenden von Freunden und Bekannten aus der Heimat Hilfe zur Selbsthilfe für die Menschen vor Ort zu organisieren.
„Inzwischen haben wir gemeinsam einige erfolgreiche Projekte auf den Weg gebracht“, sagt Frank Burchett. Dazu zählen die Sanierung einer Schultoilette in Tuba, dem Heimatdorf seines Kraftfahrers Mohamed Sillah. Sie sollte zum Ausgangspunkt für den Neubau des stark baufälligen Schulgebäudes werden. Das ganze Dorf packte mit an, stellte die Ziegel her und half beim Aufbau. Im März 2020 wurde die Schule mit einer großen Feier im Dorf eingeweiht.
Ein langer Weg zur Schule
Die Schule wird auch von Kindern aus Dörfern der Umgebung Tubas besucht. „Ich habe mich mal gemeinsam mit dem Town-Chief, eine Art Bürgermeister, auf den Weg gemacht und war erstaunt, was die Lütten auf sich nehmen, um zur Schule gehen zu können“, sagt Burchett. Der Weg führte durch unberührte Natur und durch kleine Flüsse mit zum Teil knietiefem Wasser.
Da der Ingenieur auch begeisterter Hobby-Fotograf ist, waren alle Unterstützer in der Heimat über viele Fotos in sozialen Netzwerken aus Sierra Leone stets über den Einsatz ihrer Spenden informiert. Das führte dazu, dass die Spendenbereitschaft ungebrochen anhielt, als Pläne für neue Hilfsprojekte reiften. Den Tailor’s Workshop in Tuba beispielweise.
Die Schneiderwerkstatt wurde im vergangenen Frühjahr übergeben. Heute nähen hier 35 Frauen an zehn fußgetriebenen Nähmaschinen Bekleidung von der Maßanfertigung auf Bestellung bis hin zu Kleidern für größere Nachfragen. Alles, was Kunden so brauchen, sagt Burchett.
Den Lebensunterhalt selbst verdienen
Seine Projekte befördern nicht nur die Bildung auf den Dörfern abseits des Highways, sondern tragen mit dazu bei, dass sich die Menschen mit ihrer Hände Arbeit den Lebensunterhalt verdienen können. Für so viel Engagement wurde der Stralsunder in Sierra-Leone zum Section-Chief ernannt. Ein Titel, der dem eines Sektionsleiters entspricht. „Für mich schließt diese Ehrung gleichzeitig all jene Unterstützer aus der Heimat ein, die mit ihren Spenden diese Hilfsprojekte erst möglich gemacht haben“, sagt Frank Burchett.
Ein Engagement, das auch bei seinem Arbeitgeber Inros Lackner SE auf Resonanz stößt. „Momentan stapeln sich bei mir in der Unterkunft 20 Computer samt Monitoren, Tastaturen und Mäusen, die die Firma spendiert hat“, sagt der Ingenieur. Diese sollen den Grundstock für ein Computerkabinett im Dorf bilden, dass Tuba via Internet mit der weiten Welt verbinden wird. „Wir haben bereits Kontakt mit einem örtlichen Provider aufgenommen, der Funkmaste nahe genug am Dorf betreibt“, sagt Burchett. Darüber soll schon bald das Internet nach Tuba kommen.
Schweißer-Ausbildung geplant
Das Computerkabinett wird zugleich Ausgangspunkt für ein wirtschaftliches Zentrum im Dorf. Geplant ist dazu der Bau eines größeren Gebäudes, das die Schneiderwerkstatt erweitern sowie ein Handelszentrum und eine Ausbildungswerkstatt für Schweißer aufnehmen soll, die in Sierra Leone stark nachgefragt sind. Örtliche Politiker befürworten das Projekt und die Vision, damit einmal die Entwicklung der ländlichen Region rund um Tuba voranzutreiben.
Bis zum Frühjahr des kommenden Jahres wird Frank Burchett noch mit der Fertigstellung des Highways beschäftig sein. „Die Brücken sind alle fertig, jetzt sind noch etwa vier Kilometer Asphalt abzuarbeiten“, sagt er. Anschließend wird er mit der Dokumentation und Abrechnung des Bauvorhabens zu tun haben. Dann geht seine Aufgabe in Sierra Leone zu Ende.
Foundation soll Projekte weiterführen
Für die Zeit danach hat der Ingenieur vorgesorgt. „Wir haben gerade die Gründungspapiere für die Johanna-Burchett-Foundation bestätigt bekommen“, so Burchett. Die gemeinnützige Organisation soll nach seinem Fortgang die Projekte fortführen.
Benannt ist sie nach seiner Großmutter väterlicherseits. „Meine Oma musste im letzten Weltkrieg mit ihren Kindern alleine aus Ostpreußen flüchten, nachdem unser Opa an der Front gefallen war“, sagt der Enkel. Er weiß, dass sie die Familie danach vor allem mit ihrer Arbeit an der Nähmaschine durch die schwere Nachkriegszeit gebracht hat. Sie war für ihn die Inspiration und das Vorbild für die Schneiderwerkstatt in Tuba.
Nun trägt die Foundation ihren Namen. Burchetts Kraftfahrer aus der Zeit des Highwaybaus wird als deren Vorsitzender den Kontakt zu ihm nach Deutschland halten und den Bau des geplanten Gemeindezentrums auf den Weg bringen. Dazu wird Mohamed Sillah die vielen Kontakte nutzen, die Frank Burchett durch seine Hilfsprojekte zu örtlichen Entscheidern in Sierra Leone geknüpft hat.
„Es gibt zudem vor Ort die Chance, über Hilfsorganisationen wie die britische UK-aid oder die amerikanische US-aid Unterstützung für künftige Vorhaben zu bekommen“, sagt Frank Burchett. Er ist sich aber sicher, dass auch Spenden aus Stralsund weitere Projekte mit voranbringen können.
Von Jörg Mattern
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